Dorf- und Nachbarschaftsläden

Dorf- und Nachbarschaftsläden nehmen immer öfter wieder ihre frühere Funktion als Teil des Dorf- bzw. Nachbarschaftslebens wahr und verbessern dadurch die Lebensqualität der Bewohnerschaft, indem sie z.B. weniger mobilen und älteren Menschen eine längere Selbstständigkeit ermöglichen. Sie sind identitätsstiftend, sozialer Treffpunkt, beleben den Ort und machen ihn attraktiver, auch für Neubürgerinnen und Neubürger. 
Neben einem Sortiment an Gütern des täglichen Bedarfs, wobei das Sortiment eher breit als tief ist, können weitere Dienstleistungen angeboten werden. Eine Chance gegenüber sonstigen Lebenmittelmärkten ist ein angepasstes und flexibles Angebot an Waren und Dienstleistungen entsprechend den Bedürfnissen der Kunden .Voraussetzungen für erfolgreiche alternative, bürgernahe Konzepte sind die hohe Kunden- und Serviceorientierung, ein ansprechendes Angebot, auch im Bereich Frischwaren und regionale Produkte und eine zentrale Lage mit fußläufiger Erreichbarkeit und Parkplätzen.

Dorfladen Pfrondorf
Dorfladen Pfrondorf (Bild: Dettweiler)

Vereins- und genossenschaftlich geführte Läden

Diese Läden werden mit unterschiedlichen Betreiberformen realisiert, können Angestellte und ehrenamtliche MitarbeiterInnen beschäftigen und sind auch an Standorten unterhalb der wirtschaftlichen Tragfähigkeit möglich, wenn sie keine Gewinne erwirtschaften müssen. Voraussetzung ist eine hohe bürgerschaftliche Beteiligung in Form von Investitionen (Genossenschaftsanteile) und Zeit. Chance und Gefahr ist das Engagement einzelner Akteure und die Abhängigkeit davon.
Beispiel: Dorfladen Pfrondorf

Nahrungsmittelhandwerker

Dorfladen Pfrondorf
Metzgerei in Ammerbuch-Reusten (Bild: Bartenbach)

Familienbetriebene Bäckereien und Metzgereien können durch ein erweitertes Sortiment zur Grundversorgung beitragen. Neben selbst produzierten Lebensmitteln werden weitere Waren von anderen regionalen Produzenten und von Großhändler geliefert. Das Sortiment ist bedarfsorientiert angepasst.
Beispiele u.a. in Sonnenbühl, Engstingen, Ofterdingen etc. können beim Regionalverband Neckar-Alb erfragt werden.


Kleinflächenkonzepte

Die Lücken, die durch den Rückzug von Lebensmittelgeschäften in kleinen Gemeinden und Ortsteilen entstehen, können vielerorts durch sogenannte Kleinflächenkonzepte geschlossen werden.
Es gibt Kleinflächenkonzepte, die als Ketten geführt werden. Diese haben ein einheitliches Erscheinungsbild, werden meist selbstständig geführt und sind vertraglich an einen Großhändler gebunden, welcher Konzeptgeber und Hauptlieferant ist. Die meisten Kleinkonzeptläden haben eine Verkaufsfläche von 150 bis 600 m² und sind auf ein Einzugsgebiet von mindestens 1.000 Einwohnerinnen und Einwohner ausgerichtet.
Daneben gibt es einzelne engagierte Händler, die eigene Geschäfte betreiben.

Landmarkt
Das Landmarkt-Konzept bietet insbesondere regionale und Bioprodukte für die gesunde und bewusste Ernährung und schafft durch diese Exklusivität Kundenbindung. Die Märkte haben zwischen 200 und 800 m2 Verkaufsfläche und werden  von selbstständigen Kaufleuten betrieben und vom Großhändler beliefert. Die Märkte haben ein einheitliches Auftreten in Grün mit Einkaufskorblogo. Motto ist „Kauf am Ort, fahr nicht fort.“
 
„Um´s Eck“, „Nah& Frisch“ „Gutkauf“
sind Vertriebskonzepte auf kleiner Fläche, die von einem Großhändler angeboten und beliefert werden. Kleine Dorfläden können ab 60 bis 350 m² Verkaufsfläche realisiert werden und brauchen mindestens 1000 Einwohner in der Standortgemeinde.

„Um´s Eck“, Grafenberg
„Um´s Eck“, Grafenberg (Bild: Dettweiler)


Beispiel: „Um´s Eck – mein Kauftreff“ Grafenberg

In Grafenberg (Landkreis Reutlingen) wird seit Januar 2012 in einem ehemaligen Lebensmittelgeschäft das Kleinflächenkonzept ‚Um’s Eck – „Mein Kauftreff‘“ umgesetzt. Das Lebensmittelvollsortiment wird auf einer Verkaufsfläche von 300 m² angeboten und von regionalen Produkten abgerundet. Als Serviceleistungen werden Lotto, Postagentur, warmer Imbiss, Liefer- und Plattenservice, ein kleines Café und über 70 Käsesorten angeboten. Der Laden versorgt zusammen mit der benachbarten Metzgerei etwa 2.700 Einwohner im Einzugsgebiet.

Beispiel: Punktmarkt + mehr GmbH
Im Geislinger Stadteil Binsdorf (ca. 1000 Einw.) gibt es seit einiger Zeit erfolgreich auf ca. 100 m² einen kleinen Nahversorgermarkt. Weitere Märkte in Dormettingen (ca. 1050 Einw.), Geislingen-Erlaheim (ca. 780 Einw.), Burladingen-Melchingen (ca. 950 Einw.) und Rottweil-Neukirch (ca. 630 Einw.) kamen dazu. Das Sortiment umfasst v.a. Grundnahrungsmittel. Lieferanten sind regionale Unternehmen und Lebensmittel-Vollversorger. Außerdem gibt es Mittagstisch und Zeitungen. Dienstleistungen wie Paketshop, Mietwagen, coffee to go usw. sollen neben der Grundversorgung von Lebensmitteln das Angebot attraktiv halten.
Weitere Infos: Punktmarkt + mehr GmbH

Integrationsläden

Integrationsläden beschäftigen am Arbeitsmarkt benachteiligte Gruppen wie Menschen mit Behinderungen oder Langzeitarbeitslose. Durch Zuschüsse zur Arbeitsförderung können sie auch an Grenzertragsstandorten realisiert werden, die Geschäfte sind dann aber unter Umständen von (zeitlich befristeten) Arbeitsmarktmaßnahmen und wechselnden Beschäftigten abhängig. Integrationsmärkte bieten meist ein Vollsortiment ab 6.000 Artikeln auf mindestens 300 bis 400 m² Verkaufsfläche an. Die Trägerschaft übernimmt in der Regel eine gemeinnützige Gesellschaft mit dem Ziel mindestens die Kosten zu decken.

Beispiel: CAP-Markt
Ein CAP-Markt bietet in fußläufiger Entfernung auf ca. 300 bis 800 m² ein Lebensmittel-Vollsortiment mit dem Schwerpunkt Frische an. Ergänzt wird das Angebot von einem ausgewählten Biosortiment und Fair-Trade-Produkten und je nach Standort sind Postshop, Toto Lotto, Kopierer, Geschenkartikel etc. möglich.
CAP Märkte beschäftigen Behinderte und Nichtbehinderte und werden von örtlichen Sozialunternehmen wie z.B. Caritas, Neue Arbeit gGmbH und vielen anderen betrieben. CAP-Märkte sind barrierefrei und bieten oft auch einen Lieferservice.
 
Beispiel: Frischemarkt am Dresdner Platz in Reutlingen Orschel-Hagen

Der Frischemarkt hat knapp 500 m² Verkaufsfläche und bietet ein Vollsortiment mit vielen Frischwaren. Er wird seit 2002 von der Intego gGmbH betrieben. Die Integrationsfirma ist eine Tochter der Bruderhaus-Diakonie und hat den Zweck, vollwertige Arbeitsplätze für schwer behinderte Menschen zu schaffen. Im Frischemarkt arbeiten Menschen mit psychischen Erkrankungen, die so die Chance haben, wieder ins Arbeitsleben einzusteigen.

Multifunktionale Konzepte

Multifunktionale Konzepte gehen noch einen Schritt weiter als die neue Art der ‚Tante-Emma‘-Lädchen und vergrößern das Dienstleistungsangebot weiter. Durch die Etablierung eines örtlichen Nahversorgungs- und Dienstleistungszentrum soll die Lebensqualität in dünn besiedelten Räumen erhöht werden. Durch die Multifunktionalität werden Kopplungsmöglichkeiten der Kundschaft geboten. So sind weitere Einnahmen der Hauptnutzung Nahversorgung möglich. Aufgrund der gesteigerten Frequenz durch Zusatzdienstleistungen wird des Weiteren eine höhere Kundenbindung erreicht. Meist sind soziale Treffpunkte, wie Cafés, Gastronomie oder Vereinsräumlichkeiten und einzelhandelsrelevante Dienstleistungen enthalten und es bestehen Kooperationen mit Lebensmittelfachgeschäften wie Metzgereien und Bäckereien. Es sind Dorfläden nach dem Kaufhausprinzip, bei dem alles unter einem Dach angeboten wird. Eines der bekanntesten multifunktionalen Konzepte ist das DORV-Konzept.
 
DORV („Dienstleistung und ortsnahe Rundum-Versorgung“)
Neben einem Lebensmittelangebot sind öffentliche und private Dienstleistungen möglich wie z.B.: Bürgerbüro, Post, Reinigungsanahme,  Bank, Gesundheitsdienstleistungen, die sonst alleine betrieben kaum möglich wären. DORV-Konzepte gibt es bisher vor allem in Nordrhein-Westfalen.
Weitere Infos: www.dorv.de

Dorfgasthäuser als multifunktionale Einrichtungen
Ochsen, Lamm, Adler oder Hirsch haben früher zur Ortsmitte gehört und haben heute vielfach keinen Nachfolger. Gastronomie gehört, ebenso wie Einzelhandel, zum lebendigen dörflichen Leben. Gasthäuser sind nicht nur ein kommunikativer Treffpunkt für Bewohner und Vereine, sondern auch wichtig, damit kleine Gemeinden Chancen, die der Tourismus bietet, nutzen können.
Weil sich ein klassischer Gastronomiebetrieb an vielen Standorten kaum rechnet, gibt es auch hier, ebenso wie bei der Nahversorgung, Ansätze Gasthäuser zu multifunktionalen Einrichtungen zu machen z.B. mit Dorfladen, Kiosk, Veranstaltungsbühne, Vereinsheim, Café, Biergarten oder dem Verkauf regionaler Produkte.
Maßnahmen zur Widerbelebung von Dorfgasthäusern können über das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) gefördert werden. Auch innerhalb der LEADER-Gebiete sind Förderungen von Gasthäusern möglich, wenn sie zur Belebung der Ortsmitten beitragen.
 
Es gibt auch schon gute Ansätze in der Region, wie z.B.:
Nehren: Der Gasthof Schwanen wird zukünftig von einer Bürgergenossenschaft betrieben. Kommune und Land haben die Sanierung unterstützt.